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Sir Karl Popper

 

 

Zitate Popper

 

Karl R. Popper in ‚Objektive Erkenntnis‘  (Hoffmann & Campe 1973)

 

< Die menschliche Erkenntnis ist wohl das größte Wunder unseres Universums. > (S.9, Aus dem Vorwort zur ersten Auflage)

< [...] ist es einer meiner wichtigsten Grundsätze, bei logischen Problemen alle subjektiven oder psychologischen Ausdrücke, besonders ‚Glaube‘ usw., in objektive Ausdrücke zu übersetzen. Statt von ‚Glaube‘ spreche ich etwa von einer ‚Aussage‘ oder einer ‚erklärenden Theorie‘; statt von einer ‚Wahrnehmung‘ spreche ich von einer ‚Beobachtungsaussage‘ oder ‚Prüfaussage‘; und statt von der ‚Rechtfertigung eines Glaubens‘ spreche ich von der Rechtfertigung der Behauptung, daß eine Theorie wahr ist‘ usw. (S.16f., Vermutungswissen) >

< Am interessantesten scheint mir zu sein, daß ich für sehr hohe Grade der Kühnheit oder Nicht-ad-hoc-heit ein objektives Kriterium angeben konnte. Es besteht darin, daß die neue Theorie die alte korrigiert, obwohl sie das erklären muß, was die alte erklärte; das heißt, sie widerspricht der alten Theorie: Sie enthält diese, aber nur näherungsweise.  Ich zeigte etwa, daß die Newtonsche Theorie sowohl der Keplerschen als auch der Galileischen widerspricht – obwohl sie sie erklärt, indem sie sie als Näherungen enthält; ebenso widerspricht die Einsteinsche Theorie der Newtonschen und erklärt sie als Näherung. (S.28, Vermutungswissen) >

< Die bestgeprüfte Theorie ist diejenige, die im Lichte unserer kritischen Diskussion bis jetzt als die beste erscheint, und ich kann mir nichts ‚Vernünftigeres‘ vorstellen als eine gut geführte kritische Diskussion. (S.34, Vermutungswissen) >

< Nur objektive Erkenntnis ist kritisierbar, subjektive wird es erst, wenn sie objektiv wird, und das tut sie, wenn wir sie aussprechen,  besonders wenn wir sie aufschreiben oder drucken. (S.38, Vermutungswissen) >

< Das Streben nach Wahrheitsähnlichkeit ist also ein klareres und wirklichkeitsnäheres Ziel als das Streben nach Wahrheit. Ich möchte aber noch etwas mehr zeigen: wir können zwar in den empirischen Wissenschaften niemals genügende Argumente für die Behauptung haben, wir hätten tatsächlich die Wahrheit erreicht; aber wir können starke und recht gute Argumente dafür haben, daß wir uns der Wahrheit ein Stück genähert haben, das heißt, daß die Theorie T2 ihrem Vorgänger T1 vorzuziehen ist, jedenfalls im Lichte aller bekannten rationalen Argumente. (S.75, Zwei Seiten des Alltagsverstandes) >

< Die entscheidende These der Kübeltheorie ist, daß wir so gut wie alles, was wir lernen, durch den Eintritt der Erfahrung in unsere Sinnesöffnungen lernen, so daß alles Wissen aus Informationen besteht, die wir durch unsere Sinne erhalten haben, das heißt durch Erfahrung.

In dieser Form ist diese grundfalsche Theorie noch sehr lebendig. (S.79, Zwei Seiten des Alltagsverstandes) >

< Es scheint keinen Grund zu geben, warum wir nicht die Beobachtungen zu unserem vorläufigen ‚Ausgangspunkt‘ machen sollten, der, ebenso wie der Alltagsverstand, nicht als wahr oder gewiß vorausgesetzt wird. Solange wir kritisch bleiben, macht es nicht viel aus, wo oder wie wir anfangen. (S.92f., Zwei Seiten des Alltagsverstandes) >

< Es gibt einen Gewißheitsbegriff des Alltagsverstandes, der, kurz ausgedrückt, so viel bedeutet wie ‚hinreichend sicher für praktische Zwecke‘. Wenn ich auf meine Uhr blicke, die sehr zuverlässig ist, und sie acht Uhr zeigt und ich ihr Ticken hören kann (was anzeigt, daß sie nicht stehengeblieben ist), dann bin ich ‚hinreichend sicher‘ oder ‚für alle praktischen Zwecke sicher‘, daß es ziemlich genau acht Uhr ist. (S.98f., Zwei Seiten des Alltagsverstandes) >

< In der Regel werden die empirischen Befunde, aufgrund derer wir handeln, nach sehr oberflächlicher Prüfung angenommen, und die kritische Diskussion konkurrierender Theorien, die für eine gute Wissenschaft kennzeichnend ist, geht (in der Regel) weit über das hinaus, womit wir im praktischen Leben völlig zufrieden sind. (S.101, Zwei Seiten des Alltagsverstandes) >

< In allen Wissenschaften schreitet man gewöhnlich von den Wirkungen zu den Ursachen fort. Die Wirkung wirft das Problem auf – das zu erklärende Problem, das explicandum - , und der Wissenschaftler versucht es durch Aufstellung einer erklärenden Hypothese zu lösen. (S.142, Erkenntnistheorie ohne ein erkennendes Subjekt) >

< Die wichtigsten menschlichen Schöpfungen mit den wichtigsten Rückkopplungseffekten auf uns selbst und besonders auf unser Gehirn sind die höheren Funktionen der menschlichen Sprache; genauer: die deskriptive Funktion und die argumentative Funktion. (S.147) [...] Dieser Entwicklung der höheren Funktion der Sprache verdanken wir unser Menschsein, unsere Vernunft. Denn unser Urteilsvermögen ist ausschließlich kritisches Argumentiervermögen. (S.149, Erkenntnistheorie ohne ein erkennendes Subjekt) >

< Alle wissenschaftliche Arbeit richtet sich auf den Fortschritt der objektiven Erkenntnis. Wir sind Arbeiter, die zum Wachstum der objektiven Erkenntnis beitragen, so wie Steinmetzen an einem Dom arbeiten. (S.150, Erkenntnistheorie ohne ein erkennendes Subjekt) >

< Die Wissenschaftler versuchen, ihre falschen Theorien zu eliminieren, sie versuchen, diese an ihrer Stelle sterben zu lassen. Der Glaubende dagegen – Tier oder Mensch – geht mit seinem falschen Glauben zugrunde. (S.150f., Erkenntnistheorie ohne ein erkennendes Subjekt) >

< Theorien, die a priori uninteressant sind – wenig Gehalt haben - , brauchen gar nicht geprüft zu werden, denn ihr niedriger Grad der Prüfbarkeit schließt a priori die Möglichkeit aus, daß sie wirklich bedeutsamen und interessanten Prüfungen unterworfen werden können. (S.175f., Erkenntnistheorie ohne ein erkennendes Subjekt) >

< Ein befriedigendes Verstehen ist erreicht, wenn die Interpretation, die vorläufige Theorie, dadurch gestützt wird, daß sie neues Licht auf neue Probleme wirft – auf mehr Probleme, als wir erwartet hatten; oder dadurch, daß sie Teilprobleme löst, von denen wir manche zunächst noch gar nicht gesehen hatten. Wir können also den Fortschritt dadurch ermessen, daß wir P1 mit späteren Problemsituationen (z.B. Pn) vergleichen. (S.200, Zur Theorie des objektiven Geistes) >

< Ich behaupte, das Hauptziel allen historischen Verstehens ist die hypothetische Rekonstruktion einer historischen Problemsituation. (S.206, Zur Theorie des objektiven Geistes) >

< Was ich als wesentlich betrachte, ist nicht der Nachvollzug, sondern die Situationsanalyse. Die Situationsanalyse des Historikers ist seine historische Vermutung, in diesem Fall eine Metatheorie über die Überlegungen des Kaisers. [...] Das zentrale Metaproblem des Historikers ist also: Welches waren die entscheidenden Bestandteile der Problemsituation des Kaisers? In dem Maße, wie es dem Historiker gelingt, dieses Metaproblem zu lösen, versteht er die historische Situation.

Als Historiker hat er also nicht vergangene Erlebnisse nachzuvollziehen, sondern objektive Argumente für und gegen seine vermutete Situationsanalyse beizubringen.

[...] Aufgabe des Historikers ist also, die Problemsituation so zu rekonstruieren, wie sie dem Handelnden erschien, so daß seine Handlungen situationsangemessen werden. (S.225f., Zur Theorie des objektiven Geistes) >

< Wer nur gelernt hat, einen gegebenen theoretischen Rahmen auf die Lösung von Problemen anzuwenden, die innerhalb dieses Rahmens auftreten und lösbar sind, kann nicht erwarten, daß ihm das auf einem anderen Spezialgebiet viel hilft. Anders ist es bei denen, die selbst mit Problemen gekämpft haben, besonders dann, wenn sich ihr Verständnis, ihre Klärung und Formulierung als schwierig erwies. (S.219, Zur Theorie des objektiven Geistes) >

< Denn ich halte es für eines der Kennzeichen einer offenen Gesellschaft, daß sie neben einer demokratischen Regierungsform die Vereinigungsfreiheit pflegt und die Bildung freier Subsysteme schützt, ja fördert, die alle verschiedene Meinungen und unterschiedlichen Glauben haben. (S.250, Über Wolken und Uhren) >

< Die letzte und höchste Funktion, die ich in dieser Übersicht erwähnen möchte, ist die argumentative Funktion der Sprache, wie sie in ihrer höchsten Entwicklungsstufe in einer disziplinierten kritischen Diskussion auftritt.

Die argumentative Funktion der Sprache ist nicht nur die höchste der vier Funktionen, mit denen ich mich hier beschäftige, sondern sie entwickelte sich auch als die letzte. Ihre Entwicklung war eng verbunden mit der einer argumentativen, kritischen und rationalen Einstellung; und da diese Einstellung zur Entwicklung der Wissenschaft geführt hat, können wir sagen, daß die argumentative Funktion der Sprache das vielleicht wirksamste Instrument zur biologischen Anpassung geschaffen hat, das je im Verlauf der organischen Evolution entstanden ist. (S.282f., Über Wolken und Uhren) >

< Jemand, der an einem Problem arbeitet, kann selten genau angeben, was sein Problem ist (ehe er eine Lösung gefunden hat); und selbst wenn er sein Problem erklären kann, kann er sich irren. [...] Keplers bewußtes Problem etwa war die Entdeckung der Harmonie der Welt; doch wir können sagen, das Problem, das er löste, war die mathematische Beschreibung der Bewegung in einer Menge von Zweikörper-Planetensystemen. (S.294, Über Wolken und Uhren) >

< Worum es sich auch handelt, wenn wir das erste Mal auf das Problem stoßen, können wir offenbar nicht viel darüber wissen. Bestenfalls haben wir eine undeutliche Vorstellung davon, worin unser Problem eigentlich besteht. [...] Erst müssen wir mit dem Problem besser vertraut werden. Aber wie? Meine Antwort ist sehr einfach: indem wir eine unbrauchbare Lösung aufstellen und sie kritisieren. Nur so können wir zum Verständnis des Problems kommen. Denn ein Problem verstehen heißt seine Schwierigkeiten verstehen; und die Schwierigkeiten verstehen heißt einsehen, warum es nicht leicht lösbar ist – warum die naheliegenden Lösungen nicht funktionieren. Wir müssen daher diese naheliegenden Lösungen aufstellen; und wir müssen sie kritisieren, um herauszufinden, warum sie nicht funktionieren. So machen wir uns mit dem Problem vertraut und können von schlechten Lösungen zu besseren kommen – immer vorausgesetzt, daß wir die schöpferische Fähigkeit haben, immer neue Vermutungen aufzustellen. (S.310f., Die Evolution und der Baum der Erkenntnis) >

< Diese Enttäuschungen von Erwartungen, mit denen wir an die Wirklichkeit herantreten, ist ein sehr bedeutsames Moment. Sie gleicht der Erfahrung eines Blinden, der gegen ein Hindernis läuft und dadurch von dessen Existenz erfährt. Durch die Falsifikation unserer Annahmen bekommen wir tatsächlich Kontakt mit der ‘Wirklichkeit’. (S.423, Anhang 1: Kübelmodell und Scheinwerfermodell) >

 

Karl R. Popper in ‚Alles Leben ist Problemlösen‘  (Piper 1994)

 

< Meine These ist, daß jede wissenschaftliche Entwicklung nur so zu verstehen ist, daß ihr Ausgangspunkt ein Problem ist, oder eine Problemsituation, das heißt, das Auftauchen eines Problems in einer bestimmten Situation unseres Gesamtwissens.

Dieser Punkt ist von großer Bedeutung. Die ältere Wissenschaftstheorie lehrte – und sie lehrt es noch immer - , daß der Ausgangspunkt der Wissenschaft unsere Sinneswahrnehmung oder die sinnliche Beobachtung ist. Das klingt zunächst durchaus vernünftig und überzeugend, ist aber grundfalsch. (S.19, Fragen der Naturerkenntnis) >

 

Karl Popper Lesebuch (UTB 1982). Darin der Text 29:

„Das Rationalitätsprinzip (1967)“

 

< Aber hat Churchill in The World Crisis nicht gesagt, daß Kriege nicht gewonnen, sondern nur verloren werden – daß sie in Wirklichkeit Wettbewerbe der Inkompetenz sind? Und liefert uns diese Bemerkung nicht eine Art Modell für typische gesellschaftliche und historische Situationen, eine Art Modell, das ausdrücklich nicht vom Rationalitätsprinzip der Adäquatheit unserer Handlungen belebt wird, sondern von einem Prinzip der Inadäquatheit?

Die Antwort ist, daß Churchills Diktum bedeutet, daß die meisten Kriegsführer ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind, daß sie die Lage nicht sehen, wie sie ist; es bedeutet nicht, daß man ihre Handlungen nicht als (wenigstens annähernd) der Lage angemessen, wie sie sie sehen, verstehen kann.

Um ihre (inadäquaten) Handlungen zu verstehen, müssen wir deshalb eine Sicht der Situation rekonstruieren, die umfassender ist als ihre eigene. Das muß so geschehen, daß wir sehen können, wie und warum die Situation, wie sie sie sahen (mit ihrer begrenzten Erfahrung, ihren begrenzten oder aufgeblasenen Zielen, ihrer begrenzten oder überhitzten Einbildungskraft), sie veranlaßte, so zu handeln, wie sie es taten; das heißt ihrer inadäquaten Sicht der Situationsstruktur angemessen. (…)

Es ist interessant, daß wir immer dann, wenn wir eine Handlung verstehen wollen, das Rationalitätsprinzip bis an die Grenze des Möglichen anwenden, selbst wenn es sich um die Handlung eines Verrückten handelt. Wir versuchen die Handlungen eines Verrückten so weit als möglich durch seine Ziele zu erklären (die vielleicht monomanisch sind) und durch das ‚Wissen‘ das seinen Handlungen zugrunde liegt, das heißt durch seine Überzeugungen (die vielleicht Zwangsvorstellungen sind, also falsche Theorien, die er so hartnäckig vertritt, daß sie praktisch unkorrigierbar werden). Wenn wir die Handlungen eines Verrückten auf diese Weise erklären, erklären wir sie im Sinne unserer größeren Kenntnis einer Problemsituation, die seine eigene, engere Sicht seiner Problemsituation umfaßt; und seine Handlungen verstehen heißt, ihre Adäquatheit aus seiner Sicht der Problemsituation sehen – seiner verrückten, falschen Sicht. (S. 356f.) >

 

< (…) was wird aus der Unterscheidung zwischen Rationalität und Irrationalität? Zwischen geistiger Gesundheit und geistiger Krankheit?

Das ist eine wichtige Frage. Ich schlage vor, daß der Hauptunterschied der ist, daß die Überzeugungen eines gesunden Menschen nicht unkorrigierbar sind: Ein gesunder Mensch zeigt eine gewisse Bereitschaft, seine Überzeugungen zu korrigieren. Vielleicht tut er das nur zögernd, aber er ist doch bereit, unter dem Druck von Ereignissen, von den Meinungen anderer und von kritischen Argumenten seine Ansicht zu korrigieren.

Wenn das stimmt, können wir sagen, daß die Mentalität eines Menschen mit unabänderlich starren Ansichten, eines ‚engagierten‘ Menschen, derjenigen des Verrückten verwandt ist. Es kann sein, daß alle seine festen Meinungen in dem Sinne ‚adäquat‘ sind, daß sie zufälligerweise mit den besten zu jener Zeit zur Verfügung stehenden Meinungen übereinstimmen. Aber insofern, als er engagiert ist, ist er nicht rational: Er wird sich jeder Veränderung, jeder Korrektur widersetzen; und weil er nicht die ganze Wahrheit besitzen kann (niemand kann das), wird er sich der rationalen Korrektur selbst völlig falscher Überzeugungen widersetzen. Und er wird sich auch dann noch widersetzen, wenn diese Korrektur zu seinen Lebzeiten allgemein akzeptiert wird. (…)

Um zusammenzufassen: wir sollten zwischen der Rationalität als einer persönlichen Haltung (zu der grundsätzlich alle vernünftigen Menschen imstande sind) und dem Rationalitätsprinzip unterscheiden.

Die Rationalität als eine persönliche Haltung ist die Bereitschaft, seine Überzeugungen zu korrigieren. In ihrer intellektuell höchstentwickelten Form ist sie die Bereitschaft, seine Überzeugungen kritisch zu diskutieren und sie angesichts solcher kritischer Diskussionen mit anderen Menschen, zu korrigieren. > (S. 358f.)

 

 

 

 

 

 

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