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02.10.12
2.Teil - Glücksdefinition
Ich hatte im 1. Teil geschrieben: „Vermeidung von Unglück ergibt noch kein vollgültiges Glückserleben.“ Meine Behauptung der
Unvereinbarkeit von Glückserlangung mit der Haltung kritischer Rationalität beruht auf der Voraussetzung einer bestimmten Definition von 'Glück im eigentlichen Sinne'. Die Frage ist also: Was verstehe ich
unter Glück i.e.S.?
Wladislaw Tatarkiewicz: Über das Glück, Klett-Cotta, Stuttgart 1984
(ursprünglich geschrieben zwischen 1939 und 1962, Warschau und Krakau), der sich bemüht hat, in dem Dickicht der diversen, sich überlappenden und mehr oder minder unterschiedlichen Glücksauffassungen und
Glückstheorien eine Orientierung und einen Überblick zu finden, hat bzgl. der sog. subjektiven Glücksauffassung
interessante Formulierungen gebracht, die sich meiner Auffassung annähern. Ich möchte hier einige dieser Formulierungen aufführen:
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Letztlich entscheiden über das Glück nicht Güter, sondern Gefühle, nicht das, was wir besitzen, sondern wie wir auf den
Besitz reagieren. Der Besitz dieser oder jener Güter, innerer oder äußerer, ist für das Glück notwendig, weil es schwierig ist, glücklich zu sein, ohne irgendwelche Güter zu besitzen; der Besitz an sich
stellt jedoch kein Glück dar. (S.17)
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Es ist etwas anderes, mit dem Leben zufrieden zu sein, und wiederum etwas anderes, intensive Freuden zu erfahren. (S.17)
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Goethe sagte in seinem Gespräch mit Eckermann (im Jahre 1824), daß er im Verlauf der 75 Jahre seines Lebens nicht einmal
vier Wochen eines vollständigen Glücks erfahren habe. (S.17)
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Noch vor einem Jahrhundert war die Vieldeutigkeit des „Glücks“ geringer. Unter Glück wurde nämlich nur das äußere
Wohlergehen verstanden; dagegen wurde das innere Gefühl, die Fülle der Zufriedenheit, Glückseligkeit (szczesliwosc) genannt. (S.19)
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Einige Erlebnisse bleiben an der Oberfläche, andere gehen in einen tieferen Bewußtseinsstrom ein. Also ist das Glück nur
eine solche Zufriedenheit, die in die Tiefe reicht. Um es überhaupt erfahren zu können, muß man über jenen tieferen Lebensstrom verfügen. (…) Wer mit einem tieferen Lebensstrom lebt, dessen Leiden
reichen genauso tief ins Bewußtsein wie dessen Zufriedenheit. Sein Schicksal schwankt zwischen Glück und Unglück, andere Menschen hingegen leben außerhalb dieser Kategorien. Ihr Leben ist angenehm oder
unangenehm, aber weder glücklich noch unglücklich. (S.23)
Mit dem letzten Punkt bin ich beim Kern der Sache angelangt. Wenn ich Wladislaw Tatarkiewicz in meinem Sinne interpretiere, so gibt
es ein besonderes Sinnesorgan als Teil unseres Sensoriums, das er den „tieferen Lebensstrom“ nennt. Es ist in der Lage in positiver Ausprägung Glück und in negativer Ausprägung Unglück auf spezifische
Weise zu repräsentieren, d.h. erlebbar zu machen. Es drückt sich nach meiner Auffassung innerlich
als 'farbige', ganz spezifische Gefühlsnuancen aus (die nur für die jeweils spezielle Situation Gültigkeit haben und deshalb erinnerbar - aber andererseits nicht mitteilbar sind, da die sprachliche Einigung auf Konstanten nicht möglich ist) und
äußerlich
in allerlei spezifischen Gebärden und Ausdrucksweisen. Beispielhaft kann man dies bei Katzen sehr gut beobachten: sie schnurren, wenn sie glücklich sind, sie wälzen sich, kraulen mit den Pfoten usw. Anmutige, gesunde Katzen besitzen ganz offenbar dieses Sinnesorgan in hoher Ausprägung. Natürlich können sie mit diesem Sinnesorgan auch ebenso spezifisch leiden. Andererseits gibt es lt. Tatarkiewicz einen ganz eigenartigen Mangel, nämlich wenn der tiefere Lebensstrom dauerhaft oder vorübergehend fehlt. Man lebt dann lediglich in einem oberflächlichen Lebensstrom. Ich würde dies etwa vergleichen mit dem Unterschied zwischen einem Farbfilm und einem Schwarz-Weiß-Film. Das 'SinnesorganX', wie ich die Sache bezeichnen möchte, kann sich ausbilden zu hoher Leistungsfähigkeit, es kann aber auch behindert oder ganz und gar gestoppt werden. Letzteres ist der Fall bei Traumata des Vertrauensbruchs. Es gibt nämlich nach meiner Annahme einen sehr engen Zusammenhang zwischen entwickeltem Urvertrauen und entwickeltem SinnesorganX.
Ich komme nun zur Beantwortung meiner obigen Frage: Was verstehe ich unter Glück im eigentlichen Sinne (i.e.S.)?
Glück i.e.S. ist vorhanden, wenn jemand ein ausgebildetes SinnesorganX besitzt und tatsächlich dieses SinnesorganX in seiner positiven Ausprägung wirken lassen kann, d.h. erlebbar macht. Erst dann besteht ein vollgültiges Glückserleben.
Jetzt steht als nächstes die Frage im Raum, warum ist diese Art Glückserleben unvereinbar mit einer kritisch rationalen Haltung?
Oder anders ausgedrückt: Warum braucht das Glück i.e.S. die Abgeschottetheit gegenüber kritischen Argumenten? Die Vermutung, die sich hier aufdrängt ist einfach: Das Glücksstreben i.e.S. braucht absolute
Selbstgewißheit. Man denke z.B. an eine gutgepflegte Hauskatze, die im großen Garten des Hauses Vögel, junge Kaninchen und Eichhörnchen (sozusagen völlig überflüssigerweise) jagt. Man beobachte ihren selbstgewissen
Genuß beim Blutaussagen eines lieblichen Eichhörnchens. Man beachte gleichzeitig Gretchen, die Besitzerin des anmutigen Raubtiers, die ihre Katze ausschimpft: „Du Ungeheuer!“ - Wenn die Katze diese herbe
Kritik ihres geliebten Gretchens verinnerlichen würde, wäre viel von ihrem Glücksstreben i.e.S. dahin. Sie könnte guten Gewissens nicht mehr beispielsweise ein kleines Kaninchen im Garten quälen, indem sie es zum
Weglaufen anschubst, um es dann, wenn sich das Kanichen schon fast sicher fühlt, doch wieder neu einzufangen, um es anschließend triumphierend in die Luft zu wirbeln usw. usw. - Es steht für mich außer Zweifel, daß
die Katze hier ein vollgültiges Glückserleben zelebriert.
Ich möchte nun auf die 4 Beispiele vom Teil 1 eingehen, um zu überprüfen, inwieweit die Vermutung der absoluten Selbstgewißheit dort
ebenfalls zutrifft.
Beispiel 1: Der pflichtvergessene hedonistische Student, der eine gute Flasche Wein in schöner Landschaft genießt. - Er denkt nicht im Traum daran dieses schöne Erlebnis je in Frage zu stellen. Er ist sich absolut gewiß, daß dies völlig in Ordnung war. Das erlebte Gefühl (vermittelt über das SinnesorganX) gibt ihm die Rechtfertigung.
Beispiel 2:
Das junge Mädel, welches das Glück hatte, die 'Große Liebe' zu erleben, hatte während dieser 1 ½ Jahre nicht den geringsten Zweifel daran, wie wertvoll ihr das war. In dieser Zeit vermittelte ihr das SinnesorganX immer wieder neu positive bunte Gefühlserlebnisse, die sie glücklich im eigentlichen Sinne machten, auch wenn es zwischendurch einige negative Episoden gab. Dieses Glückserleben gab ihr die innere Rechtfertigung für ihre Haltung.
Judy Collins Someday Soon lyrics
Songwriters: TYSON, IAN
Sehr gute Interpretation von Esther Ofarim (1969), siehe YouTube
There's a young man that I know His age is twenty-one Comes from down In southern Colorado
Just out of the
service And he's looking for his fun Someday soon, going with him Someday soon
My parents can not stand him Cause he rides the rodeo My father says that He will leave me crying
I
would follow him right down The toughest road I know Someday soon, going with him Someday soon
And when he comes to call My pa ain't got a good word to say Guess it's cause he's
just As wild in the younger days
So blow, you old Blue Northern Blow my love to
me He's driving in tonight From California
He loves his damned old rodeo As much as he loves me Someday soon, going with him Someday soon
But when he comes to call My pa ain't
got a word to say Guess it's cause he's just As wild in the younger days
Blow, you old Blue Northern Blow my love to me He's driving in tonight From California
He loves his
damned old rodeo As much as he loves me Someday soon, going with him Someday soon
Someday soon, going with him Someday soon
Beispiel 3:
Die Wilhelminische Ära und die allgemeine Hochstimmung dieser Zeit in Deutschland. Über die Selbstgewißheit der damaligen Haupt-Protagonisten, das Militär, gibt meiner Ansicht nach das folgende Foto eine deutliche Auskunft. Das Foto wurde am Niederwalddenkmal 1912 aufgenommen. Schon allein dieses Ambiente mit dem Denkmal, das an den Sieg von 1871 erinnert, ergibt eine Kulisse, welche die Selbstgewißheit der abgebildeten Militärs keineswegs nur unwesentlich stützt. Die damaligen Militärs hatten sicherlich nicht den geringsten Zweifel am positiven Sinn ihrer Tätigkeit für das 'Vaterland'. Sie hatten deswegen hier bei ihrer Versammlung vor dem Niederwalddenkmal aller Vermutung nach erhabene Gefühle des Stolzes, wobei – zumindest bei einigen von ihnen - das SinnesorganX noch zusätzlich seine besondere Rolle spielte.
Die Wacht am Rhein
[Gesungen mit interessanten Film-Illustrationen, außerdem mit chinesischen, englischen und deutschen Untertiteln, bei
YouTube]
1.
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Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
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wie Schwertgeklirr und Wogenprall:
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Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein!
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Wer will des Stromes Hüter sein?
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Lieb Vaterland magst ruhig sein,
-
lieb Vaterland magst ruhig sein:
-
Fest steht und treu die Wacht,
-
die Wacht am Rhein!
-
Fest steht und treu die Wacht,
-
die Wacht am Rhein!
-
Durch Hunderttausend zuckt es schnell,
-
und aller Augen blitzen hell;
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der Deutsche, bieder, fromm und stark,
-
beschützt die heil'ge Landesmark.
-
Refrain
-
Er blickt hinauf in Himmelsau'n,
-
da Heldenväter niederschau'n,
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und schwört mit stolzer Kampfeslust:
-
Du Rhein bleibst deutsch wie meine Brust!
-
Refrain
-
Solang ein Tropfen Blut noch glüht,
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noch eine Faust den Degen zieht,
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und noch ein Arm die Büchse spannt,
-
betritt kein Feind hier deinen Strand!
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Refrain
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Der Schwur erschallt, die Woge rinnt
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die Fahnen flattern hoch im Wind:
-
Am Rhein, am Rhein, am deutschen Rhein
-
wir alle wollen Hüter sein.
-
Refrain
Beispiel 4: Hitler und das deutsche Volk. Über die Selbstgewißheit der
Deutschen während der Nazizeit finden sich bei Friedrich Kellner (Tagebücher 1939-1945) überwältigend viele Hinweise. Ich zähle nur die nächstliegenden 10 auf:
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Ich bringe in Gesprächen immer wieder meine Meinung zum Ausdrucke, daß
man seine Gegner nie unterschätzen dürfe. Aber das hört niemand. Die Überheblichkeit ist bis zur höchsten Potenz gesteigert. (26.09.38; Bd.1 S.15)
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Allerdings ist der kindliche Glaube an die Unfehlbarkeit der Götter und
Halbgötter noch nicht erschüttert. Was soll man auch schon sagen, wenn selbst Menschen, die Kraft ihres Lebensganges sich eine eigene Meinung
bilden müßten, jedes dumme Geschwätz u. saudumme, absichtlich in Umlauf gebrachte, Gerücht mit wahrem Heißhunger verschlingen und ihre wankende
Heldengestalt daran aufrichten. (Anfang September 1939; Bd.1 S.18)
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Jahresschluß! - Das d. Volk wird dafür bestraft werden, daß es fortgesetzt
gegen den Verstand und gegen alle Vernunft verstoßen hat. (31.12.39; Bd.1 S.51)
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Seit Kriegsausbruch wimmelt es in der einheitlich dirigierten deutschen
Presse nur so von „Heldentaten“ der Flieger, U-Boot-Besatzungen, Spähtruppen usw. Es wird systematisch darauf hingewirkt, die Feinde als
unfähige Trottel hinzustellen. Bei den einfältigen Durchschnittsmenschen erzeugt diese Heldendarstellung unbedingt die gewünschte Wirkung. (16.03.40; Bd.1 S.57)
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„Heute gehört uns Deutschland, morgen die ganze Welt“, singt unsere nette
Jugend, durch die Straßen ziehend. Was soll man dazu sagen? - Dummheit? Gedankenlosigkeit? Nein, es ist der Geist der führenden Schicht, die eine
Herde brauchen u. keine denkenden Menschen. Diese geistlose Arroganz hat uns den Krieg 1914 gebracht und ist noch in erhöhtem Maße schuldig an diesem Kriege. (17.03.40; Bd.1 S.57f.)
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Nach dem unverständlichen Zusammenbruch Frankreichs kann es eigentlich
der breiten Masse des deutschen Volkes noch nicht einmal verübelt werden, wenn sie der natsoz. Propaganda voll u. ganz erlegen ist. Das eigene Denken
ist bei 99% aller Deutschen ausgeschaltet. Eine grenzenlose Ueberheblichkeit ist bei allen Schichten der Bevölkerung festzustellen. Ein unzerstörbarer
Glaube an die Macht der Waffen. Es gibt nur eine handvoll Menschen, die sich kritisch mit der weiteren Entwicklung beschäftigen. Es ist vollkommen
zwecklos, den Durchschnitts-Deutschen [etwa] überzeugen zu wollen, daß die Sache mit England sich doch etwas schwieriger gestalten könnte. Das Meer ist
für diese Leute in ihrer Vorstellung überhaupt nicht vorhanden. Ich habe bis jetzt [kaum] einen Deutschen getroffen, der etwa an ein Mißlingen eines
Angriffs gegen England glauben oder in den Bereich der Möglichkeit ziehen würde. Im Gegenteil. England ist bei allen in ganz kurzer Frist
„zusammengeschlagen“ oder „vernichtet“. (24.07.40; Bd.1 S.80)
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Selbst wenn es einem Truppenteil gelingen würde, an irgendeiner Stelle zu
landen, so wären diese armen Kerle den Angriffen der gesamten englischen Armee ausgesetzt, und was das schlimmste wäre: von einem Nachschub könnte überhaupt nicht gesprochen werden. Den einen Erfolg will ich unserer
Propaganda nicht absprechen, das gesamte deutsche Volk (mit ganz geringen Ausnahmen) glaubt an einen Angriff und – an eine Vernichtung Englands.
Diesen kindlichen Glauben habe ich beschämender Weise besonders bei akademisch gebildeten Menschen angetroffen. Mir taten deren Lehrer besonders leid. Geistige Armut ohnegleichen. Beispiellos. - Zu dieser
Geistesverwirrung gesellt sich auch noch ein Mangel an Gemüt oder Seele. Man könnte laut heulen über dieses Volk. Von seinen früheren Werten ist
nichts mehr da. Es regieren Roheit, Brutalität, Herrschsucht u. Ueberheblichkeit. (21.08.41; Bd. 1. S.82)
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In Grünberg (Oberhessen) muß eine Frau täglich auf der Bürgermeisterei
erscheinen u. sagen: „Der Krieg geht in diesem Jahr noch zu Ende.“ (29.05.41; Bd.1 S.141)
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Im Vorzimmer von Dr. K[...]. Tapezierer Sch[...]: In 8 Tagen sind die russischen Armeen gefangen. (30.06.41; Bd.1 S.163)
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Soeben höre ich von Frl. Helga E[...], daß sie in einem Reservelazarett in
Traisa gewesen ist, um einen Verwandten zu besuchen. Ich fragte nach der Stimmung. Die Insassen des Lazaretts und die Aerzte seien der Meinung, daß
wir in diesem Jahre mit Rußland fertig würden, und nächstes Jahr ginge es nach England! Diese Sorte Menschen hat also immer noch nicht genug vom
Kriege. Fast unverständlich, aber Tatsache. Das ist der Geist, der in der übrigen Welt nicht verstanden wird. (07.07.41; Bd.1 S.169)
Friedrich Kellner hat zu recht den kritischen Blickwinkel der Vernunft auf dieses
absurde Treiben in seiner deutschen Umwelt. Worauf er jedoch nicht eingeht, das ist die allgemeine Hochstimmung der Zeit ab 1933. Das können die Veranstaltungen von Organisationen wie beispielsweise HJ und BDM sein, etwa Sonnenwendfeiern, Feste, Sportveranstaltungen, Fahrten, Zeltlager, Segelfliegen usw., das können die Großveranstaltungen des Nürnberger Reichsparteitages oder der Reichserntedankfeste auf dem Bückeberg sein. Hinzu kamen noch tausende
andere Festereignisse im kleineren Rahmen, die praktisch das ganze Volk immer wieder neu in Jubel versetzten – besonders stark z.B. bei den Siegesfeiern nach
der Kapitulation Frankreichs. Das waren keine Privatereignisse, sondern das ganze Volk war über Rundfunk und Presse, Beflaggung der Häuser, diverse
Uniformen und Aufmärsche zusammen integriert. Außenseiter, Kritiker oder Gegner kamen nicht zu Worte. Sie wurden verfolgt und mundtot gemacht. Schon
allein dieses gewaltige Einheitsgefühl eines Volkes muß eine stark euphorisierende Wirkung auf diejenigen ausgeübt haben, die sich ihm uneingeschränkt hingaben.
Nicht umsonst gab es noch lange Zeit nach dem Untergang des Nazireichs im Volk den Spruch, wenn jemand ein ganz tolles Glückserlebnis hatte: „Das war mir ein
innerer Reichsparteitag!“ - Friedrich Kellner (und mit ihm vermutlich alle kritischen Rationalisten) hat den Zusammenhang der Verblendung des Volkes mit
dem vielfältigen Glückserleben, das der Nationalsozialismus dem Volk ermöglichte, ganz offenbar übersehen. Denn die uneingeschränkte Hingabe, die Voraussetzung für jenes Glückserleben war, gebot Kritiklosigkeit und
Außerkraftsetzung der Vernunft.
Solche Erlebnisse wie beispielsweise dieser “Lichtdom” (mit Hilfe von
Flakscheinwerfern) sind wohl für den “inneren Reichsparteitag“ verantwortlich:
(Foto aus Wikipedia/Wikimedia)
Abschließende Überlegungen
Sofern man die bisherigen Ergebnisse akzeptieren kann, ergibt sich nach meiner Einschätzung folgendes:
Ob jemand beispielsweise beim Rodeo oder beim Bergsteigen, bei der Jagd, beim
Skifahren, bei Sexualität oder Rockmusik (aktiv als Musiker oder passiv in Großveranstaltungen) sein sensationelles Glück sucht, ist sozusagen das
Privatvergnügen der Beteiligten. Die Risiken die jemand dabei eingeht, sind ebenfalls noch weitgehend im Rahmen des Privaten. Doch ist das Glück in
wichtigen Fällen nicht einfach als reine Privatangelegenheit anzusehen, nämlich dann, wenn ein Teil des Glücks in staatlich-gesellschaftlicher Hand liegt, wie das
bei den modernen ‚Religionen‘ Nationalismus, Faschismus, Kommunismus der Fall war. Auch wenn das öffentliche Leben stark klassisch religiös durchdrungen
ist, wie das beim Buddhismus (z.B. Thailand), Hinduismus (z.B. Indien), Mohammedanismus (z.B. Saudi-Arabien), Judaismus (Israel), Christentum (z.B. Cypern zur Zeit von Erzbischof Makarios) der Fall sein kann, werden Glückserlebnisse durch die unumstößliche Glaubensgewißheit in der
Gemeinschaft der Gläubigen und ihren Ritualen ermöglicht. Die gesellschaftliche Einheit und das dadurch ermöglichte Glück des Aufgehobenseins in der
‚Volksgemeinschaft‘ birgt aber den Nachteil der ‚Unaufgeklärtheit‘ in sich. – In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant, die Rolle des Fußballs mit
seinen Welt- und Europameisterschaften zu untersuchen. Denn ganz offenbar gibt es doch eine – vielleicht sogar berechtigte - Sehnsucht nach gesellschaftlichem
Einheitsgefühl, das in den Jahrzehnten nach dem 2.Weltkrieg in Deutschland durch die massenhafte Identifikation mit Nation und nationaler
Fußballmannschaft vorübergehend während der Meisterschaften hergestellt wird.
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Hier geht’s zum Thema ‘ideologische Argumentation’ bzw. ‘ideologische Argumentations-Tricks’
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